Unterhaltsame Dorfromantik: "Blasmusikpop" in Salzburg

„Blasmusikpop“ spielte es gestern Abend am Salzburger Landestheater. Dabei kamen nicht nur Fans der Volksmusik auf ihre Kosten: Nach dem gleichnamigen Erfolgsroman von Vea Kaiser über das beschauliche St. Peter am Anger, eine 497-Seelen-Gemeinde irgendwo in den Bergen, sorgte die Premiere unter der Regie von Christina Piegger mit Laienschauspielern und Blasmusikern für einen launigen, kurzweiligen Abend. Besonders tiefgründig ging es dabei aber nicht zu.

„Am Anfang war ein Berg“, dröhnt es zu Beginn. Bis zum Ende des Abends wird vor jenem Berg, dargestellt in grauer Blechoptik (Bühne: Karl-Heinz Steck) die Blasmusik spielen. Wo die rund zehn Jahre alte Romanvorlage als fast 500-seitige Familienchronik mehrere Generationen umfasst, steigt das Stück mit der Beerdigung von Johannes A. Irrweins Großvater bei der dritten und letzten ein. Eine sinnvolle Kürzung, denn selbst die abgespeckte Version der Geschichte wirkt über den fast zweieinhalbstündigen Theaterabend hinweg an manchen Stellen hektisch erzählt.

Langeweile kommt dafür aber an keiner Stelle auf: Nach einer misslungenen Maturaprüfung will sich der Außenseiter Johannes Irrwein, dargestellt von Aaron Röll, dessen Interpretation der Rolle sehr stark das Klischee eines Strebers bedient, die Zeit bis zur Nachprüfung im Herbst vertreiben. Nach dem Vorbild Herodots erforscht er die in seiner Heimat St. Peter ansässigen „Bergbarbaren“. Jene führen seit hunderten von Jahren einen Krieg „gegen die „Hochg’schissenen“, also alle, die aus der Stadt kommen – oder denen man jegliche Form von höherer Bildung anmerkt.

Aber wie sollte es anders sein? Am „Dorfkalender“ entlang, also von Festl zu Festl, integriert sich Johannes besser in die Dorfgemeinschaft, bis er zum Ende ein Testspiel des FC St. Peter gegen den viel größeren Hamburger FC St. Pauli organisiert und sich so vom Außenseiter zum Liebling der fußballbessessenen „Barbaren“ macht.

Um das Bühnendorf mit Leben zu füllen, unterstützen Mitglieder des Amateurtheaterverbandes Salzburg das Ensemble. Das funktioniert außerordentlich gut: Auch wenn nicht jede Zeile in Profi-Manier performt wird, überwiegt die Sympathie für diesen lebendigen, eigenartig liebenswerten Haufen. Begleitet wird der heitere Abend äußerst stimmig von der Musikkappelle Anif unter Leitung von Franz Eibl, die neben klassischer Blasmusik den „Blasmusikpop“ immer wieder wörtlich nimmt und so etwa die Sonnwendfeier mit ABBA-Covern untermalt. Die Musiker finden auch noch auf der Bühne Platz und verstärken das Gewusel sowie das Gefühl, dass man kann hier tatsächlich am alltäglichen Dorfwahnsinn teilhat.

Tiefe Gefühle und scharfe Beobachtungen sollte man sich aber nicht erwarten: Die Außenseiter-Liebesgeschichte zwischen Johannes und der Hauptstädterin Simona Nowak (Lisa Fertner) bleibt durchgehend zweidimensional und vorhersehbar. Der Handlungsstrang um die Liebesgeschichte zwischen dem „zuag’rasten“ Stürmertalent und besten Freund Pepi (treuherzig-lieb dargestellt von Maximilian Paier) und der gegen die Heiratspläne ihrer Eltern rebellierenden Maria Rettenstein (Patricia Falk) geht da schon eher unter die Haut – vor allem wegen der Chemie zwischen den Darstellenden, denen leider kaum Szenen zu zweit vergönnt sind.

Für laute Lacher sorgen die regelmäßig durchs Bild nordic-walkende Tratschmüttergruppe und die Schattenherrscher des Dorfes – der Ältestenrat (herrlich bösartig: Stefan Adamski als Opa Rettenstein). Die Pointen sind dabei durchwegs einfach strukturiert, für Komplexität oder gar tiefgreifende Kritik ist kein Platz.

Gerade wenn Gags über das Gendern mit johlenden Lachern aus dem Publikum quittiert werden, wird man das Gefühl nicht los, dass es sich nicht nur um ein Stück über die St. Peterianer handelt, sondern es denselben auch außerordentlich gut gefallen würde. Das Ergebnis am Premierenabend: Gute Stimmung und tosender Beifall. Was die „Hochg’schissenen“ davon halten, bleibt nebensächlich.

(S E R V I C E – Vea Kaiser „Blasmusikpop“. In einer Dramatisierung des gleichnamigen Romans von Larissa A. Jank, Regie: Christina Piegger, Bühne: Karl-Heinz Steck, Kostüme: Manuela Weilguni, Dramaturgie: Friederike Bernau. Mit Aaron Röll, Walter Sachers, Maximilian Paier, Patricia Falk, Lisa Fertner, Larissa Enzi, Georg Clementi, Axel Meinhardt, Britta Bayer, Thomas Wegscheider, u. a.; Zusammenarbeit mit der Musikkapelle Anif sowie Mitgliedern des Amateurtheaterverbandes Salzburg. Salzburger Landestheater. Nächste Vorstellungen: 10., 13., 15 und 22. Oktober; )

(APA)

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