Mentalist Timon Krause will Wien "desillusionieren"
„Gedankenlesen kann ich auf gar keinen Fall“, sagt Timon Krause und räumt mit einem Klischee über seine Zunft auf. Trotzdem wird der deutsche Mentalist wahrscheinlich Ihre Bank-PIN-Nummer oder die Farbe Ihrer Unterwäsche erraten. Am 4. Oktober ist er mit „Mind Games“ zu Gast im Wiener Globe, und da will er sein Publikum hypnotisieren. Zuvor sprach die APA mit dem Gedankenkünstler über seine Zauberarbeit.
„Ich kann Menschen gut einschätzen, ich kann auch Statistiken benutzen und Körpersprache deuten, aber ich kann keine Gedanken lesen“, sagt Timon Krause beim Gespräch im Wiener Clownmuseum. Er wurde auch schon als „Zirkusclown“ beschimpft, aber das stört den sympathischen Deutschen nicht: „Sie können mich nennen, wie Sie wollen.“
Er selbst bevorzugt den Ausdruck Mentalist. Das ist nicht jemand, der tatsächlich Gedanken lesen kann. Er besitzt vielmehr, so wie der 29-Jährige mit dem Wuschelkopf, ein unglaubliches Feingefühl für Zwischenmenschliches und die Fähigkeit, sein Gegenüber genau zu beobachten. „Sie brauchen extrem viel Konzentration, damit Sie in diesem Moment ganz nah bei einem Menschen sein können, um genau zu sehen, was gerade passiert“, so Krause im APA-Gespräch.
Aber auch wenn er nicht wissen kann, was sein Gegenüber wirklich denkt, so hat der Gedankenkünstler Techniken und Tricks, mit denen er zum Beispiel sehr intime Details wie PIN-Nummern erraten kann. Er benutzt dafür Körpersprache, Statistiken und Suggestionstechniken. Er hat sogar ein ganzes Buch („Kennen wir uns?“) über die Kunst geschrieben, scheinbar aus dem Nichts alles über sein Gegenüber zu wissen.
Bei der vergangenen Show erriet er intime Geheimnisse der Menschen. „Aber nur kleine Geheimnisse, also nichts, was eine Beziehung zerstören würde“, lacht er. Er verspricht: niemand wird bloßgestellt. Bei der aktuellen „Mind Games“-Tour hat er erstmalig einen großen Hypnoseteil eingeplant, bei dem jede Person, die das gerne ausprobieren möchte, auf die Bühne kommen darf. „Das leitet dann über in einen Séanceteil, wo ich dann scheinbar mit den Toten spreche, danach aber auch erkläre, wie das funktioniert hat und was der psychologische Mechanismus dahinter ist.“ Denn, so sein Arbeitsansatz: „Desillusionierung ohne Entzauberung.“ Der Deutsche legt nicht alles offen, was er macht, weil er den „Mystery-Faktor“ zum Teil wahren möchte, aber doch vieles: „Das eigentliche Geheimnis hinter einem Trick ist oft noch viel schöner als das Vorgeschobene.“
Als Mentalist sieht er sich natürlich mit vielen Klischees konfrontiert. Viele Menschen glauben, dass es schrecklich sein muss, mit ihm in einer Beziehung zu sein, weil man ihn nicht belügen kann. Doch Krause schüttelt den Kopf und lacht. „Ich bin nicht die ganze Zeit dabei, Menschen zu analysieren. Im Alltag bin ich einfach nur irgendein Typ.“ Wie „irgendein Typ“ wirkt der charismatische Endzwanziger aber nicht. Im Alter von nur 12 Jahren hat er seine Leidenschaft für Hypnose entdeckt. Mit 16 hat er seine mentalen Fähigkeiten bei dem berühmten Mentalisten Richard Webster in Neuseeland gelernt und sein erstes Buch zu diesem Thema veröffentlicht. 2016 wurde er als bester europäischer Mentalist ausgezeichnet. Es ist gleichzeitig beeindruckend und unheimlich, wenn er die intimsten Dinge errät. Die „mind games“, die er auf der Bühne vorführt, hat er alle getestet. Aber es ist auch schon vorgekommen, dass ein Trick nicht klappt. „Das merkt das Publikum meistens nicht“, schmunzelt er, „weil ich dann zwei oder drei Backup-Pläne habe“.
Es gibt Menschen, die denken, er könne tatsächlich Gedanken lesen. Er bekommt immer wieder Nachrichten von Leuten, die Hilfe suchen, um zum Beispiel ihre „verunreinigte Aura wieder zu reinigen“. Aber das ist nicht sein Job, erklärt er. Der studierte Philosoph versteht sich selbst als Bühnenkünstler und Unterhalter. „Ich glaube, was viele unterschätzen, ist der Entertainmentfaktor“, sagt er. „Die Gefahr in unserer Branche ist, dass Sie denken, Sie machen etwas Beeindruckendes und mehr muss es nicht sein. Es kann aber durchaus mehr sein.“
An Telepathie glaubt Timon Krause nicht: „Ich denke, es gibt Menschen, die denken, dass sie das wirklich können, die aber vielleicht eher auf ein großes Einfühlungsvermögen zurückgreifen. Bis es eine Studie gibt, die das beweist, glaube ich es nicht, aber wenn es die gibt, dann bin ich auch der erste, der an Gedankenlesen glaubt“, so der Mentalist.
(Das Gespräch führte Marietta Steinhart/APA)
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(APA)
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