Oliver Masucci: "Ich wäre nicht da, wo ich jetzt bin"

Oliver Masucci, 54, zählt national und international zu den bekanntesten deutschen Schauspielern, sein Durchbruch gelang ihm 2015 mit der Hitler-Parodie "Er ist wieder da."

Oliver Masucci: Vom Pizzabäcker zum erfolgreichen Schauspieler

Dass ihr Sohn Oliver Pizzabäcker im eigenen Restaurant in Bonn-Ippendorf werden würde, war für Gitta und Pino Masucci klar. Doch da hatten sie die Rechnung ohne ihren Erstgeborenen gemacht. Denn Oliver Masucci will früh auf die Bühne und Schauspieler werden. Das sorgt für Spannungen in der Familie, vor allem mit seinem Vater. Heute ist er einer der besten deutschen Filmstars. Nun hat der 54-Jährige die Geschichte seiner Kindheit aufgeschrieben.

GALA: Ihr Buch heißt "Träumertänzer". Was hat es damit auf sich? 
Oliver Masucci: So hat mich mein Vater genannt. Und das hatte immer etwas Negatives à la: "Du schaffst das nicht." Ich habe das Wort zum Positiven gedreht: "Klar schaffe ich das, weil man Träume eben doch wahr machen kann." Aber in Familien geht es nun mal hoch her – Menschen sind keine politisch-korrekten Wesen, sondern das Gegenteil. Das Leben ist real und findet nicht auf Instagram statt. Es ist oft verletzend und dann geht's um Vergeben. 

Wurde bei Ihnen viel gestritten?
Na ja, wir sind Italiener, wir hatten eine nahrhafte Streitkultur. Die Versöhnung lief immer übers Essen. Davor haben wir uns angebrüllt und gestritten bis aufs Blut, das nannten wir dann diskutieren. Und dann haben wieder alle zusammen gekocht und gegessen. Rinderrouladen trafen auf Involtini, Polpette in Tomatensauce auf Frikadellen mit Senf. 

Fühlen Sie sich eher als Deutscher oder als Italiener?
Das Deutsche an mir ist die Sprache, Italienisch hat mir mein Vater nie richtig beigebracht. Ich war in meiner Kindheit in Deutschland der "Spaghetti-Fresser" und in Italien der "Mangia Patate" ("Kartoffel-Fresser", Anm. d. Redaktion) – ich hatte also immer das Gefühl, nirgendwo dazu zu gehören. Daraus ist der Wunsch entstanden, eine Parallelwelt zu erschaffen, die schöner und bunter ist, auf der Bühne und der Leinwand. Meine Oma hat in Graurheindorf gelebt, der Name sagt doch schon alles. (lacht)

In der Schule waren sie der "Itaker".
Die Polohemden-Träger haben mir übel zugesetzt, aber ich habe es ausgehalten. Und mich lange nicht getraut, mich zu wehren. Ich wollte ja dazugehören. Irgendwann habe ich dann doch zurückgeschlagen, das tat gut.

Was hat Ihr Vater gesagt, als Sie schließlich an der Schauspielschule angenommen wurde?
"Von mir kriegste keinen Pfennig." Später am Theater hat er über mein Gehalt nur gelacht: "Du kannst bei mir als Pizzabäcker weitermachen, dann verdienst du dreimal so viel!" (lacht) Ich hatte ja mit sieben Jahren angefangen, in unserem Restaurant zu arbeiten, mich aber irgendwann geweigert, weil ich nur noch als Schauspieler Geld verdienen wollte. Deshalb hat mich seine Bemerkung damals verletzt, heute finde ich sie lustig.

Erfolg muss sich erkämpft werden

Und wann floss dann das erste richtige Geld?
Nach einem halben Jahr habe ich meinen erste Film gedreht und dafür 15.000 Mark bekommen. Das war viel. Mein Vater hat es eingesackt, und ich musste zweimal im Monat aus Berlin nach Bonn fahren, um mir etwas davon zu holen. 

Warum? Sie waren doch schon 21.
So ist das mit Italienern, die wollen halt gern Umschläge überreichen. (lacht) Ich bin mit autoritärer Inkonsequenz groß geworden. Mit Regeln, die niemand eingehalten hat, die aber in einen reingebrüllt wurden. Mein Vater hat immer Respekt von mir eingefordert, und ich habe ihn zur Weißglut getrieben – aber das Geld habe ich ihm gegeben. Ich glaube, er wollte, dass ich in Berlin nicht abdrehe, zu Hause wurde ich dann fürstlich bekocht.  

Was bedeutet kochen für Sie?
Ich habe so Liebe erfahren und gebe sie auch so weiter, zum Beispiel an meine Kinder. Sie denken zwar, ich bin ein Schauspiel-Spinner, der wahnsinnig viel Aufmerksamkeit braucht, aber kochen kann er!

Sie haben Ihnen ja auch ein Selfie mit Snoop Dog und Jamie Foxx besorgt…
Da fanden sie mich zum ersten Mal richtig cool! (lacht)

Müssen Ihre Kinder weniger kämpfen als Sie damals? 
Ich wäre nicht da, wo ich jetzt bin, wenn mir alles leicht gemacht worden wäre. Daher möchte ich auch, dass meine Kinder kämpfen für die Dinge, die sie erreichen wollen. Meine Eltern waren wahnsinnig stolz, sich ihr eigenes Restaurant aufgebaut zu haben, um in den bürgerlichen Mittelstand aufzusteigen. Dafür haben sie Tag und Nacht gearbeitet. Diesen Ehrgeiz habe ich verinnerlicht und ihn unbewusst auch meinen Kindern mitgegeben. Es ist langweilig, seinen Töchtern zum Geburtstag eine Gucci-Handtasche zu kaufen. Sie brauchen doch selbst ein Ziel. Und wenn sie das Geld dafür irgendwann erwirtschaftet haben, können sie sich ja immer noch überlegen, ob die Tasche die viele Arbeit wirklich wert ist.

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Familie kann man nicht erfinden. Sind Sie glücklich mit Ihrer?

Die Familie ist meine Inspiration – ich muss sie nur noch verfilmen. Ich finde alles gut so, wie es ist. Ich habe vergeben und sie mir hoffentlich auch. Ich konnte nämlich ein ganz schön anstrengendes Kind sein… (lacht)

 

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